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Bedeutendster Leak von ANON Austria bisher

Posted in Cybercrime by sicherheitwien on 26. September 2011

Die Hackergruppe Anonymus Austria landete den bisher größten Coup: Man griff das Thema Polizei auf und stellte sämtliche Wohnadressen der 25.000 Polizisten Österreichs online.

(Wien, im September 2011) Das ist eine Tat, die sich nicht zu verstecken braucht. Es ist historisch der bisher bedeutendste Leak der anonymen Hackergruppe ANON Austria, der am 25. September 2011 gelandet wurde. Aus Sicht der ANON Austria ist es ein großer Coup. Er trifft die Behörde Polizei mitten ins Herz. Es wurde die Datenbank der gemeinnützigen Polizeivereinigung IPA (International Police Association) geöffnet. Der Verein ist wie viele Polizeivereine für keine ganz großen Aufgaben zuständig. Die IPA macht dann und wann eine Tagung, zahlreiche Ausflüge, Pensionistenbetreuung und vor allem Stadtführungen, wenn ausländische Delegationen von Polizeien nach Österreich und speziell nach Wien kommen.

Der Verein IPA hat eine Webseite, die etwas altbacken wirkt und er hat eine Versanddatei mit realen Namen realer Polizisten. Die Datenbank umfasst 24.938 Namen aktiver Polizisten. Der Prozentsatz der nicht mehr aktiven oder verstorbenen Polizisten, also der „Karteileichen“, beträgt vielleicht 3 Prozent.

Die IPA-Datenbank ist die größte Polizeidatenbank in Österreich und sie ist auch im Vergleich zu anderen „polizeinahen Vereinen“, in der ausschließlich Polizisten Mitglied sind, sehr groß. Der Verein der Kriminalbeamten und deren Freunde, lange und bis zur „Team 04“-Polizeireform mehr als 90 Jahre rein auf Kriminalbeamte spezialisiert, verwaltet auf seiner Datenbank „nur“ 1.000 aktive Kriminalbeamte aus Wien, 1.000 aus den Bundesländern und 500 Pensionisten. Im Sektor der Kriminalbeamten sind 60 Sterbefälle jedes Jahr in Österreich, die nicht immer sofort aus der Datenbank gelöscht werden. Somit ist bei diesem Verein ein Fehlerintervall in der Datenbank durch „natürliche Abgänge“ von rund 3 Prozent vorhanden.

Man kann davon ausgehen, dass das Fehlerintervall der nicht mehr aktiven oder verstorbenen Polizeibeamten in der IPA-Datenbank genau die gleiche geringe Fehleranfälligkeit hat.

Der Leak der Polizeidatei ist bedeutend. Er ist ein vernichtender Schlag gegen die österreichische Polizei über die man nun scherzhaft sagen kann: Es verhält sich mit der Polizei wie mit dem Hund, dem man eine Knackwurst zur Bewachung gibt. Er wird sie essen. Zu deutsch: Das deutliche Signal des Leaks der Polizeiadressen ist, dass das Thema Datenvorratsspeicherung deswegen ein ernstes Thema ist, weil die Polizei auf ihre eigenen Adressen nicht einmal aufpassen kann.

Diesen Denkansatz verfolgt ANON Austria mit ihrer diesmaligen Demonstration. In einem früheren Artikel – über den GIS-Leak – schrieb dieses Journal in erwartungsloser Gegenwärtigkeit:

Das Bundesrechenzentrum BRZ ist das Rückgrat der Nation, es hat 700 Einzel-Computeranschlüsse. Sicherheitsstufe 3 für Mitarbeiter. Über das BRZ läuft die gesamte EDV der Republik, der elektronische Postweg aller Behörden und Gerichte. Oder: Die Wiener Firma „Silver Server“ hostet über ihre einzigartigen, unterirdischen Glasfaserringe durch Wien die Webseite der Nationalbank. Auch darauf gab es keine Angriffe.

Insoweit geht weniger Radikalität von Österreich aus als von deutschen und internationalen Aktivisten. Die Österreicher sind eher Trittbrettfahrer im großen Sog (Amazon, Postbank, US-Army, Wikileaks). Dennoch wollen sie sich profilieren und Kanten zeigen. Man darf gespannt sein, ob es bald wieder einen Schlag gegen eine Institution gibt, oder ob sich die Hacker nach dem Beweis ihres Könnens zurückgezogen haben.

ANON Austria hat sich nicht zurückgezogen und – simpel gesagt – noch einmal den Beweis ihres Könnens der Öffentlichkeit vor Augen geführt. Dieses Journal zieht den Hut.

Marcus J. Oswald (Ressort: Cybercrime)