Ruhe und Ordnung – Das Sicherheitsmagazin

Bedeutendster Leak von ANON Austria bisher

Posted in Cybercrime by sicherheitwien on 26. September 2011

Die Hackergruppe Anonymus Austria landete den bisher größten Coup: Man griff das Thema Polizei auf und stellte sämtliche Wohnadressen der 25.000 Polizisten Österreichs online.

(Wien, im September 2011) Das ist eine Tat, die sich nicht zu verstecken braucht. Es ist historisch der bisher bedeutendste Leak der anonymen Hackergruppe ANON Austria, der am 25. September 2011 gelandet wurde. Aus Sicht der ANON Austria ist es ein großer Coup. Er trifft die Behörde Polizei mitten ins Herz. Es wurde die Datenbank der gemeinnützigen Polizeivereinigung IPA (International Police Association) geöffnet. Der Verein ist wie viele Polizeivereine für keine ganz großen Aufgaben zuständig. Die IPA macht dann und wann eine Tagung, zahlreiche Ausflüge, Pensionistenbetreuung und vor allem Stadtführungen, wenn ausländische Delegationen von Polizeien nach Österreich und speziell nach Wien kommen.

Der Verein IPA hat eine Webseite, die etwas altbacken wirkt und er hat eine Versanddatei mit realen Namen realer Polizisten. Die Datenbank umfasst 24.938 Namen aktiver Polizisten. Der Prozentsatz der nicht mehr aktiven oder verstorbenen Polizisten, also der „Karteileichen“, beträgt vielleicht 3 Prozent.

Die IPA-Datenbank ist die größte Polizeidatenbank in Österreich und sie ist auch im Vergleich zu anderen „polizeinahen Vereinen“, in der ausschließlich Polizisten Mitglied sind, sehr groß. Der Verein der Kriminalbeamten und deren Freunde, lange und bis zur „Team 04“-Polizeireform mehr als 90 Jahre rein auf Kriminalbeamte spezialisiert, verwaltet auf seiner Datenbank „nur“ 1.000 aktive Kriminalbeamte aus Wien, 1.000 aus den Bundesländern und 500 Pensionisten. Im Sektor der Kriminalbeamten sind 60 Sterbefälle jedes Jahr in Österreich, die nicht immer sofort aus der Datenbank gelöscht werden. Somit ist bei diesem Verein ein Fehlerintervall in der Datenbank durch „natürliche Abgänge“ von rund 3 Prozent vorhanden.

Man kann davon ausgehen, dass das Fehlerintervall der nicht mehr aktiven oder verstorbenen Polizeibeamten in der IPA-Datenbank genau die gleiche geringe Fehleranfälligkeit hat.

Der Leak der Polizeidatei ist bedeutend. Er ist ein vernichtender Schlag gegen die österreichische Polizei über die man nun scherzhaft sagen kann: Es verhält sich mit der Polizei wie mit dem Hund, dem man eine Knackwurst zur Bewachung gibt. Er wird sie essen. Zu deutsch: Das deutliche Signal des Leaks der Polizeiadressen ist, dass das Thema Datenvorratsspeicherung deswegen ein ernstes Thema ist, weil die Polizei auf ihre eigenen Adressen nicht einmal aufpassen kann.

Diesen Denkansatz verfolgt ANON Austria mit ihrer diesmaligen Demonstration. In einem früheren Artikel – über den GIS-Leak – schrieb dieses Journal in erwartungsloser Gegenwärtigkeit:

Das Bundesrechenzentrum BRZ ist das Rückgrat der Nation, es hat 700 Einzel-Computeranschlüsse. Sicherheitsstufe 3 für Mitarbeiter. Über das BRZ läuft die gesamte EDV der Republik, der elektronische Postweg aller Behörden und Gerichte. Oder: Die Wiener Firma „Silver Server“ hostet über ihre einzigartigen, unterirdischen Glasfaserringe durch Wien die Webseite der Nationalbank. Auch darauf gab es keine Angriffe.

Insoweit geht weniger Radikalität von Österreich aus als von deutschen und internationalen Aktivisten. Die Österreicher sind eher Trittbrettfahrer im großen Sog (Amazon, Postbank, US-Army, Wikileaks). Dennoch wollen sie sich profilieren und Kanten zeigen. Man darf gespannt sein, ob es bald wieder einen Schlag gegen eine Institution gibt, oder ob sich die Hacker nach dem Beweis ihres Könnens zurückgezogen haben.

ANON Austria hat sich nicht zurückgezogen und – simpel gesagt – noch einmal den Beweis ihres Könnens der Öffentlichkeit vor Augen geführt. Dieses Journal zieht den Hut.

Marcus J. Oswald (Ressort: Cybercrime)

Polizei niederschwellig – Türen offen

Posted in Polizei Wien, Termindienst by sicherheitwien on 13. September 2011

In der Rossauer Kaserne wird derzeit umgegraben. Bis 2012 soll dort für die Polizei eine moderne Tiefgarage mit Stromtankstellen entstehen. Am 17. September 2011 ruhen die Krallen der Caterpillar. Es ist Tag der Offenen Tür der Wiener Polizei: Es spielt das Polizeimusikorchester unter der Leitung von Ernst Zehetner. (Foto: Plakat)

(Wien, im September 2011) Zur Polizei haben viele ein unterschiedliches Verhältnis. Die Leser des Readers Digest zum Beispiel bewerten die „Polizei“ regelmäßig gut. Diese Umfragen dringen dann nach Außen und werden von der Pressestelle der Wiener Polizei mit Genuß in einer Aussendung verwertet. Dabei wundert man sich, dass es den Readers Digest überhaupt noch gibt. Und deren Leser.

Andere stehen zur Polizei nicht gut. Die Tierschutzaktivisten des VGT werden laut eigenen Angaben nach wie vor telefonberwacht. Bei einer jüngsten Demonstration, die schlagartig die Route änderte, griff die harte Truppe der Wega ein und „räumte die Demo“. Im Anschluss mussten alle Mitgeher Ausweisleistung machen. Man kann sagen, dass diese Gruppen eher den Satz von Ulrike Meinhof unterschreiben würden, die da einst auf ihre sympathische Weise sagte (am 15. Juni 1970): „Wir sagen natürlich, die Bullen sind Schweine. Wir sagen, der Typ in Uniform ist ein Schwein, kein Mensch. Und so haben wir uns mit ihnen auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden.“ Sie fügte in diesem legendären Nachdruck eines Tonbandgesprächs hinzu: „Und natürlich kann geschossen werden.“

Mit der Polizei ist es so eine Sache. Im Grunde genommen ruft sie jeder, wenn er in einer Notlage ist oder sich in einer undurchsichtigen Lage vermeint. Zum Beispiel: Wenn man in der Nacht etwas wahrnimmt. Damit und mit diesem Schritt delegiert man zweierlei an Fremde: Eigenverantwortung und Zivilcourage. Es ist stets einfach einen „Polizeinotruf“ zu wählen und fünf Minuten zu warten, bis vielleicht eine Polizeistreife kommt. Komplexer ist es, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Doch man ist bequem und deshalb gibt es die Polizei, die derzeit das größte Nachkriegsbudget in Österreich seit Bestehen hat.

Linear-vertikale Organisation

Grundlegend ist die Polizei ein Uniformbetrieb oder wie man es anders auch nennt: Eine linear-vertikale Organisation. Rang und Namen sind gekennzeichnet, Uniformen gleich. Zivilisten haben kaum Einfluss auf eine linear-vertikale Organisation. Man bleibt unter sich. Das erzeugt mitunter das Fremdeln bei Teilen der Bevölkerung. In autokratischen Zeiten (Ständestaat 1934-38, Drittes Reich 1938-45, Besatzungszeit 1945-55) war die „Polizei“, nebenbei gesagt, immer die erste Einheit, die zur Stelle der Mächtigen war. Das Fremdeln baut sich in letzter Zeit wieder ab. Man schreibt 2011.

Mit der Zunahme von NGO-artigen Vereinen wie dem „Kuratorium Sicheres Österreich“ (KSÖ) oder niederschwelligen Zeitschriften wie „Polizei“, „Öffentliche Sicherheit“, „Die Kriminalisten“, „kripo.at“ oder „Kriminalistik“ (ein deutsches Fachblatt) und eine Neuausrichtung der Wiener SIAK (Sicherheitsakademie) in den letzten zwei Jahrzehnten baute sich das Monolithische etwas ab. Wer diese Zeitschriften und Veranstaltungen nur ansatzweise regelmäßig durchblättert und aufsucht, merkt, dass es im Polizeibetrieb viele erwachsene, politische, analytische Köpfe gibt, die sich der langen Geschichte des Polizeibetriebes bewusst sind und die es – durchaus selbstkritisch – immer wieder neu formulieren und durchdenken.

Die schlechteste Polizei ist eine mit allergrößten Kompetenzen. Das ist kein geflügelter Satz von irgendeinem Prominenten, sondern einfache Wahrheit. Eine Polizei hat theroetisch unendlich viele Maßnahmenmöglichkeiten und einen Satz voller Sanktionen im Verwaltungs- und Sicherheitspolizeibereich. Diese Gesetze werden laufend geändert und erweitert, kaum einer überblickt sie. Die schlechteste Polizei ist eine mit absolutem Durchgriffsrecht. Gerade in autokratischen Staaten (etwa auf der südlichen Halbkugel der Welt) mit simplen Erlässen ist die Polizei Dienerin der Macht und gefällt sich in dieser Rolle. In einer pluralen Demokratie wie Deutschland, Schweiz oder Österreich ist die Polizei mit weit vielfältigeren Aufgabe konfrontiert.

In 3 D-Zeiten Gummiwurscht abgeschafft

Wer Demonstrationen, gleich welcher Gruppen in Wien, mag, stellt fest, wie sattelfest in diesem Punkt die Wiener Polizei geworden ist. Stand bei „Opernball-Demos“ Anfang der 1990er Jahre bei Wiener Polizeibeamten die Gummiwurscht auf halb Sechs, also griffbereit zum Einsatz, wurde in diesem Punkt der verfassungsmäßigen Versammlungsfreiheit die Gummiwurscht komplett abgeschafft. Stattdessen wurde die sinnvolle „3 D“-Philosophie entwickelt, die da lautet: Dialog, Deeskalation, Durchsetzung. Es ist beeindruckend, wie diszipliniert sich Demonstrationsbegleiter der Polizei daran halten. Egal, ob Kurden für Özalan, Chilenen für ein besseres Bildungssystem (in Chile!) oder Iraner für Religionsfreiheit auf die Straße gehen. Und natürlich auch bei den üblichen typisch Wiener Brennpunkten wie Burschenschafteraufmärschen oder solche, die sich für Ferkel in Käfigen (Schweine) einsetzen.

Die Polizei in Wien hat viele Aufgaben und je höher der Rang, desto gebildeter und angenehmer der Polizist. Problematisch ist es im unteren Bereich wie in jedem Unternehmen. Hier gibt es in Wien den Bezirkspolizisten und solche der Sondereinheiten. Die einen sind die Praktiker, die anderen die Sportler. Eine eigene Abteilung ist die Kriminalpolizei mit ihrem Spitzeldienst. Am Sichtbarsten ist die Verkehrspolizei, die jeder kennt, weil Unfälle immer passieren. In Summe ist es schwer zu sagen, ob es eine Einheit wie „die Polizei“ überhaupt gibt. Und es ist auch schwer zu sagen, ob man die Polizei als System-Einheit der Gesellschaft mag oder mögen muss. Es gibt viele Unschärfen im Getriebe.

Es gibt im übrigen auch Menschen der Gesellschaft, die mit diesem Satz aufhorchen lassen: „Ich habe nie mit der Polizei zu tun.“ Das ist ein ganz interessanter Satz von diesen Menschen. Wer nämlich „nie etwas mit der Polizei zu tun hat“, lebt entweder völlig strukturangepasst, unsichtbar oder er nimmt „die Polizei“ nie Wahr. Er wird offenbar nie perlustriert, nie angehalten, fährt nie schwarz, kommt nie in ein Planquadrat. Der Autor dieser Zeilen verhehlt nicht, dass ihm solche Personen suspekt sind. Zu angepasst im Leben, heißt nichts. Man muss es nicht übertreiben – siehe Ulrike Meinhof im Zitat oben.

Polizei muss Reibebaum bleiben

Aber die Polizei solle stets ein Reibebaum sein, denn ihre Stellung in der Gesellschaft wandelt sich mit dieser und sie muss sich in ihren Kompetenzen stets aufs Neue hinterfragen, neu definieren und erfinden. Die Leitideen gibt ein Minister vor, praktisch umgesetzt werden sie in Österreich von 30.000 Mitarbeitern, alleine in Wien 11.000.

Am 17. September 2011 findet ein Tag der offenen Tür statt. Traditionell zeigt sich die Polizei an diesem Tag familienfreundlich, von der weichen Zuckerseite. Strategisch sind an einem solchen Tag viele Beamtinnen im Einsatz, weil auch für Kinder etwas geboten wird. Von den Diensthunden, Sandra Pires bis Rolf Rüdiger. Die Politik, die Diskussion, was die zweite Säule der Gesellschaft, die Exekutive, ist, was sie darf, was sie sein soll, bleibt an einem solchen Aktion-Tag im Innenhof der Rossauer Kaserne draußen. Es ist Zivilisten-Tag. Zivilisten haben in der Polizei nichts mitzureden.

Marcus J. Oswald (Ressort: Termindienst, Polizei Wien)

August Baumühlner schrieb Ratgeber zu Ladendiebstahl

Posted in Bundespolizei, Detektive, Diebstahl, Polizei Wien by sicherheitwien on 5. April 2011

August Baumühlner (li.) ist als Polizist oft als Testdieb unterwegs und schrieb nun ein Buch zum Thema Ladendiebstahl, das im Verlag der Wirtschaftskammer herausgekommen ist. (Foto: Oswald, 2005)

(Wien, im April 2011) Mit einem Co-Autor (Roman Seeliger) schrieb der Leiter für Kriminalprävention im Landeskriminalamt Wien August Baumühlner einen Ratgeber zum Thema Ladendiebstahl.

Darin wird eine These aufgestellt: „Die wichtigste Maßnahme ist die Schulung der Mitarbeiter. Der falsche Ansatz ist, wenn Kaufhausdetektive so viele Ladendiebe wie möglich erwischen und im Namen der Unternehmen den Erfolg in der Bekämpfung allein darin sehen.“ Und weiter: „Schließlich ist jeder verhinderte Diebstahl – nicht nur für Kaufleute – besser als ein gelöster Kriminalfall. Der Unternehmer erspart sich nämlich vor allem eine Störung der Einkaufsatmosphäre.“

Riskante These

Das ist eine riskante und gewagte These: Sie will nichts anderes, als Prävention vor Verbrechensaufklärung reihen. Das ist zumindest der Denkansatz der beiden Autoren des Buches „Dauerthema Ladendiebstahl“, das nun im Verlag Service GmbH der Wirtschaftskammer Österreich erschienen ist (19 Euro).

Ganz durchdacht ist diese These nicht. Denn selbstredend werden Kaufhausdetektive deshalb engagiert, um Langfinger zu überführen. Begleitend wird natürlich das Verkaufspersonal – vor allem in größeren Supermärkten – zur Umsicht geschult. Doch im Alltag liegt es an der Fachkraft des Detektivs in Zivil, ob jemand überführt wird oder mit vollen Taschen nach Hause geht. Der Detektiv steht auch unter Erfolgsdruck.

Kein Einheitstyp

Die Hauptproblematik erkennen die beiden Buchautoren: „Den typischen Dieb gibt es nicht.“ Man kann ihn weder am Aussehen, Alter, Geschlecht, Herkunft oder Stand eingrenzen. Die Autoren sind überzeugt, dass Experimente mit dem Ziel, den typischen Ladendieb schon beim Betreten des Geschäfts zu suchen scheitern müssen, da man Gefahr läuft, Vorurteile zu aktivieren. Das kann zu Falschverdächtigungen führen, die künftige Kunden verprellen.

Charakterlich und psychologisch könnte man den Ladendieb sicher eingrenzen: Er ist entweder psychisch auffällig oder ausnehmend ruhig und selbstbeherrscht. Dann gibt es die Ausnahmen, dass nicht jeder Junki und nicht jede hysterische Mutter mit Kleinkind die Seitentaschen voll hat und auch nicht jeder Beamte im seriösen Auftritt das Risiko sucht und prüft wie schlau er ist. Der Weg zur Kassa führt durch ein Geschäft.

„Hot Products“ begehrt

Die Autoren meinen zu wissen, dass jedes Geschäft „Hot Products“ (heiße Produkte) hat. Sie meinen auch zu wissen, dass 80 % der Diebstähle auf 10 – 15% der Produkte fallen, die besonders begehrt sind. Hier ein aktuelles Beispiel aus der Praxis: Der Zielunkt-Supermarkt in der Rotenlöwengasse in Wien 9 hat seit März 2011 sämtliche „Red Bull“-Dosen aus dem Regal entfernt und nur noch unter dem Sitz der Kassa, weil extremer Schwund bei Red Bull war. Der Billa-Supermarkt in der Klosterneuburgerstraße in Wien 20 hat seit Februar 2011 sämtliche „Red Bull“-Dosen aus dem Regal entfernt und nur noch unter dem Sitz der Kassa. Gleicher Grund.

In Parfümerieketten (BIPA, DM) sind teure und kleine Parfüms begehrt, weniger heiß sind Müsliriegel. In Elektrofachgeschäften, vor allem Kleinfilialen, sind Digitalkameras nicht mehr so begehrt, weil der Preis verfiel, hingegen teure Handies. Kleinfilialen (Niedermeyer, Hartlauer) sind meist schlecht gesichert.

Tausende Milka-Schokoladen zum Weiterverkauf in Rumänien

Kürzlich wurde in Wien ein Rumänen-Trio verhaftet, das mehrere tausend lila „Milka-Schokoladen“ in der Wohnung hatte. Allesamt gestohlen und zum Abtrtansport nach Rumänien vorbereitet. Die Männer, die Ladendiebstahl gewerbsmäßig begingen, wurden sofort verhaftet!

Die Autoren Baumühlner und Seeliger haben eigene Gegenstrategien entwickelt. Im Mittelpunkt steht die Information des Mitarbeiters und seine begleitende Ausbildung.

  • Maßnahme 1: Personalschulung schafft Wissen und erhöht die Sicherheit. Schüren von Instikten ohne Schüren von Vorurteilen.
  • Maßnahme 2: Kunden immer direkt ansprechen und höflich nach Wünschen fragen. Baumühlner: „Gleichgültigkeit des Personals verleitet zu Diebstahl und verstimmt auch ehrliche Kunden.“ Oft erstickt die höfliche Ansprache die geplante kriminelle Tat im Keim, so der Präventionsbeamte.
  • Maßnahme 3: Mitarbeiter, die Inventurdifferenzen verringern, gehören prämiert und belobigt. Das motiviert für das nächste Mal.
  • Maßnahme 4: Informationen der Sicherheitsbehörden lesen! Falls es SMS-Dienste der Sicherheitsbehörden gibt, mitmachen.
  • Maßnahme 5: Videoüberwachung nur in Absprache mit Datenschutzkommission. Nicht alles ist filmreif (etwa: Umkleidekabine, auch nicht Gehsteige und anderes).

Mit Ex-ÖFB-Teamchef Johann Krankl könnte man sagen: „Wir haben keine Chance, aber diese wollen wir nutzen.“ Bekämpfung von Ladendiebstahl ist „schwierig, aber nicht unmöglich“, formulieren es die Autoren.

500 Millionen Euro Schwund im Jahr

Der Handel in Österreich setzt pro Jahr 53,3 Mrd Euro um (2009). Man errechnete, dass 1 – 1,5 % Warenschwund besteht, der sich nicht erklären lässt. Umgelegt auf Zahlen wären das laut Interessensvereinigung Wirtschaftskammer Österreich Warenwerte in der Höhe von 500 bis 800 Millionen Euro pro Jahr.

Marcus J. Oswald (Ressort: Diebstahl, Detektive, Bundespolizei, Polizei Wien)

Harald J. – ein alter Bekannter – Polizei sucht Geschädigte wegen Wohnungsbetrug

Posted in Betrug, Opferaufruf by sicherheitwien on 30. September 2010

Harald Jäckl - wieder in Haft! Vorwurf Wohnungsbetrug. (Foto: Polizei)

(Wien, im September 2010) Der mittlerweile 61-jährige Wiener Harald J. mit dem gefärbten schwarzen Haar und den auffrisierten Augenbrauen ist ein alter Bekannter der Wiener Polizei. Die Haare wurden schütter, doch er färbte sie auch in der Justizanstalt Hirtenberg regelmäßig. Im „Modul 1“ der Wohngruppe der JA Hirtenberg hatte er 24 Stunden die Zellentüren offen, einen eigenen Türschlüssel und einen schön eingerichteten Wohnraum für sich ganz alleine samt Kabelfernsehen und PC und jede Menge Ausgänge im Monat (sieben Tage). Er war in der Anstaltsbibliothek beschäftigt, las Bücher, trug sie aus und war in seinem Kopf bereits 2008 mit neuen Coups beschäftigt. Denn er musste auch überleben, dachte er sich.

Im Juni 2001 war Harald Jäckl handelsrechtlicher Geschäftsführer im Card Casino in Drobollach am Faakersee. Sein Mitgesellschafter war Peter Fichtenbauer von der FPÖ, heute Justizsprecher der Parlamentspartei. Am 6. März 2002 begann für Harald Jäckl eine Haft, die erst Ende 2009 enden sollte. (Foto: Firmenbuchauszug 6. Juni 2001, Archiv)

Harald J. saß eine siebenjährige Haftstrafe wegen zwei Fällen des Schweren Gewerbsmäßigen Betruges von März 2002 (LG Wien 114 Hv 117/02i – vier Jahre, LG Wien 112 Hv 2/06v – dreieinhalb Jahre, dazu eine Sache vom LG Wiener Neustadt von einem Monat) bis Ende 2009 „am Stück“ ab. Es ging um Casinoprojekte, Caféhausprojekte, Kredite. Vor seiner Haft war er mit dem späteren NR-Abgeordneten der FPÖ Peter Fichtenbauer Gesellschafter in einem Card Casino in Kärnten gewesen. Im November 2009 wurde Harald Jäckl in die vage Freiheit entlassen. Er kaufte sich von seiner Rücklage einen guten Anzug und setzte sich ins beste Wiener Café.

1998 in JA Josefstadt viele Monate in Haft

Bereits 1998 drehte Harald J. seine Runden in der Justizanstalt Josefstadt mit dem Salzburger Sexklubbetreiber Lechner, der das Kunststück zu Stande brachte in Berlin und dann auch Wien das erste „Bordell für Frauen“ zu entwickeln. Ob es das Berliner noch gibt, entzieht sich der Kenntnis. Das Wiener heißt mittlerweile Exzess-Bar und ist ein normaler „Sauna-Club“ am Nussdorfer Gürtel nahe dem Bundeskriminalamt. Lechner kam kürzlich in die Schlagzeilen, weil das russische „Katzi“ des Richard Lugner in seiner Bar als Animierdame gearbeitet haben soll. (Was sie auch tat. Lugner bestreitet. Lechner hält sich bedeckt.)

Harald J. war in den 90er Jahren im Sexgeschäft rund um die Wiener Neustädter Szene tätig und er war damals lange Monate in Untersuchungshaft, weil nach Menschenhandel, Zuführung zur Prostitution und Betrügereien ermittelt wurde. Es dürfte nicht viel herausgekommen sein. Denn Mitte 1998 sah der Herausgeber dieses Journals Harald J. im blütenweißen (!) Doppelreiher-Anzug und mit weißem Sonnenhut gut sichtbar im Schanigarten des Wiener Innenstadtlokals „Daniel Moser“ in der Rotenturmstraße sitzen.

Doch Anfang der 2000er Jahre klickten abermals die Handschellen. Es wurden sieben Jahre Haft, die er in den letzten fünf Jahren (2005 – 2009) in Hirtenberg absaß. Es war die Zeit, als auch der Bruder von Werner Rydl acht Jahre Haft in Hirtenberg absaß und die AMIS-Betrüger Harald Loidl (Wäscherei) und Dietmar Böhmer, aber auch der Rotlicht- und Glücksspielunternehmer Harald Hauke (bis 2007, Hausfazi) in Hirtenberg zugegen waren.

Neuerliche Festnahme – Vorwurf Betrug!

Nun hat die Wiener Polizei Harald J. neuerlich festgenommen. Er steht im Verdacht, dass er eine einzige Wohnung, nämlich seine Gemeindebauwohnung mehrfach vermietet hat. 26 Geschädigte soll es bereits geben. Er traf die Personen – meist aus den Bundesländern – in einem Café in der Wagramer Straße und kassierte 400 Euro Vorleistung. Außerdem geht es um Investablösen für Möbel.

Außerdem betätigte sich J. als Kredithai und vermittelte Überbrückungskredite. Provisonslastig, versteht sich.

Die Wiener Polizei sucht nun weitere Geschädigte, die sich für Wohnungsmieten des Objektes Rugierstraße 26 (1220 Wien) mit ihm getroffen und Geldleistungen getätigt haben. J. wurde in seinem Stammcafé festgenommen, sei teilgeständig und bestreitet, die Masche auch mit einer Wohnung im 2. Wiener Bezirk umgesetzt zu haben. Da die Schadenssumme erst 10.000 Euro ausmacht, ist noch nicht von Schwerem Gewerbsmäßigem Betrug zu sprechen, da hierfür eine Schadenssumme von über 50.000 Euro nötig wäre. J. kennt das Gesetz und er ging auf Nummer sicher. Er sitzt seit zwei Wochen in der JA Josefstadt in Haft.

Opfer werden unter der Polizeidienststelle KK Nord (01/31310/67210) gesucht.

Marcus J. Oswald (Ressort: Betrug, Opferaufruf)

Österreichisches Bundeskriminalamt facebooked

Posted in Bundeskriminalamt by sicherheitwien on 29. Dezember 2009

Meilenstein: Das Bundeskriminalamt Wien ist seit 27. November 2009 im sozialen Netzwerk Facebook mit einer Seite beigetreten. Man will Informationen vor allem zu Prävention unter die Leute bringen. Erste Einträge mit Tipps begannen am 19. Dezember 2009. (Foto: BK am Joschi Holaubek-Platz)

(Wien, im Dezember 2009) Das hat sich Mark Zuckerberg nicht erträumt. Als er zarte 20 Jahre alt war, erwickelte der smarte Internautiker ein Online-Netzwerk, das Harvard-Studenten untereinander verbinden sollte. Fünf Jahre später wurde es eine Erfolgsgeschichte wie einst das Internet, das ganz zu Beginn auch nur einige Universitäten untereinander verbinden sollte. Was darauf folgte, wurde mehr als ein Bubenstreich einiger Informatiker und ist bekannt: Es beginnt die Ära-Post-Gutenberg, die komplette Digitalisierung der Welt.

Die großen Dinge wie das 2001 gegründete Wikipedia haben das Informationsverhalten verändert – die Seite hat 380 Millionen Zugriffe im Monat. Das 2004 gegründete Facebook schaffte heuer (also bald voriges Jahr) den Durchbruch – zirka 300 Millionen User haben einen Account, der es möglich macht, andere Profile zu lesen.

„Facebook“ strebt eine Milliarde User in den nächsten Jahren an und es hat eine andere Zielgruppe als die beiden anderen größeren sozialen Netzwerke studiVZ und netlog. StudiVZ will Studenten und Schüler vernetzen. Netlog ist vor allem unter Pubertierenden ein Renner, hier gehen das erste Mal 13-Jährige mit zarten Versuchen eines Online-Auftritts selbsttätig ins Netz. „Facebook“ ist die Plattform der erwachsenen Liga. Das Portal wird unterschiedlich genutzt, manche tun es politisch, andere privat. Jedenfalls ist Mark Zuckerberg Vorstandsvorsitzender und zu 30% Inhaber der Webplattform. Beteiligt sind auch Microsoft (1,6%) und ein russischer Software-Konzern namens Digital Sky Technologies (5%). Der aktuelle Wert des Unternehmens wird auf 15 Milliarden Dollar geschätzt.

Bundeskriminalamt Wien im Facebook

Nun ist das österreichische Bundeskriminalamt mit einem „Facebook“-Auftritt an die Schwelle der neuen Zeit getreten. Der Auftritt ist seit 27. November 2009 online, erste inhaltliche Einträge erfolgten knapp vor Weihnachten. Am 19. Dezember 2009 schreibt der Admin des Facebook-Auftrittes: „bei allen neuen dingen ist der dienstgeber anfangs vorsichtig. facebook wird früher oder später vermutlich auch zum dienstlichen alltag gehören, wie jetzt internet, e-mail etc. es dauert alles immer eine zeit. aber wir sind durch schaffung der bk-facebook-seite auf dem richtigen weg und du auf der richtigen facebook-seite! danke“.

Man will die Erwartungen weder dämpfen, noch zu hoch schrauben, sondern einen soliden Auftritt hinlegen, der nützlich für die „Fans“ und motivierend zugleich ist, die Information gezielt zu streuen. Das ist auch der Hintergrund eines solchen Auftrittes: Präventionsarbeit war bisher immer sehr personalintensiv und es ist ein Vieraugen-Geschäft. Der Präventionsbeamte erzählt und einer oder zwei Interessierte hören zu. Bei Facebook könnte sein, dass die Information durch das besondere „Verteilsystem“ ein Selbstläufer wird. Ist eine Information oder ein Tipp gefällig aufgebaut und gut zu lesen, verteilen es viele User über ihre eigenen Briefkästen an Freunde, die wiederum „Fans“ der Bundeskriminalamtsseite werden können.

Anschauliche Tipps gegen Christbaumbrand

Die erste „Welle“ an Information betrifft den Christbaumbrand. Jährlich geschehen sinnlose Feuerwehreinsätze und sterben sinnloserweise Menschen an Rauchgasvergiftungen, weil sie nicht aufpassen, wenn sie ein „offenes Feuer“ mit zehn, fünfzehn Kerzen an einem dürren Tannenbaum veranstalten. Das wäre zu verhindern und es sind einfache Tipps. Das Bundeskriminalamt stellt auf Facebook aber auch ein eindrucksvolles Kurzvideo zur Verfügung. Es zeigt, dass es exakt 46 Sekunden braucht. Schlägt der Funke an einem Christbaum einmal über, steht 46 Sekunden später das ganze Zimmer in Vollbrand. Da gibt es keine Rettung mehr. [„Blaulicht und Graulicht“-Tipp wäre ergänzend: Handfeuerlöscher im Autogeschäft kaufen (30 Euro) und bereithalten. Wenn es brennt, reichen auch zwei volle Wasserkübel nicht aus!]

Weiters gibt die Facebook-Seite saisonale Präventionstipps zum Thema „Schidiebstahl“, „Wohnungseinbruch zur Winterurlaubszeit“ und „Taschendiebstahl“ von Geldbörsen und Bankomatkarten. Es sind einfach gehaltene Tipps und deswegen sind sie richtig. Das Leben artet in Routine aus, man macht vieles automatisiert und wird schlampig. 2009 wurde laut Polizei „Jahr des Einbruchs“. Nie zuvor wurde es Dieben so leicht gemacht. Daher ist die Facebook-Seite ein richtiger Ansatz, neue Zielgruppen zu erreichen und zu motivieren. Die Schi nicht in den Schnee zu stecken, wenn man beim Glühwein sitzt (sondern in den Hotelkeller sperren!). Die Wohnungstür nicht nur ins Schloss fallen lassen (sondern zwei Mal – oder besser vier Mal mit zwei Schlössern – absperren!). Geldbörsen im öffentlichen Verkehr immer in der Innentasche einer Jacke tragen (nie in Rucksack oder Handtasche, sowie Codes getrennt von der Brieftasche aufbewahren!). Es sind kinderleichte Tipps und dennoch: Der Mensch ist ein Routinewesen, das schlampig wird und seine Habe nicht mehr sichert. Er muss wie ein kleines Kind auf die einfachsten Sicherungsmassnahmen immer wieder hingewiesen werden. Das hat die Facebook-Seite vor.

Link: Facebook-Profil – Bundeskriminalamt Österreich

[Interner Nachtrag: Die Seite „zieht“. Die BK-Facebook-Seite hatte am 29. Dezember 2009 um 4 Uhr 17 erst 232 „Fans“ und um 22 Uhr 14 schon 904 „Fans“. Das ist ein beachtlicher Sprung.]

Marcus J. Oswald (Ressort: Bundeskriminalamt)