Wohl letzter TV-Auftritt für Ernst Walter Stummer
(Wien, im April 2011) Alles ist abgegrast: „Im Zentrum“, „Thema“ (zweifach), „Barbara Karlich Schau“ (zweifach), „Vera“ und nun auch „Am Schauplatz“. Im ORF ist damit das Limit erreicht. Vielleicht geht noch ein „Willkommen Österreich“-Auftritt. Irgendwann. Oder eine Radiosendung. Wer weiß. Wer hört heute schon Radio.
Ernst Walter Stummer, Jahrgang 1938, also im 73. Lebensjahr stehend, hat das immer so gewollt. Die wenigen Jahre, die er in Freiheit lebte, zuletzt immerhin von Jänner 2004 bis heute, effizient nutzen. Dazu gehören bei ihm auch: Medien.
Was hat er zu erzählen? Stets das gleiche, was er auch im vorigen Medium erzählt hat. Es wiederholt sich, die Pointen wetzen sich ab. Der Autor dieser Zeilen kam in den Genuß von 2003 bis April 2009. Leider lässt Stummer seine Geschichten und Geschichterl von wirklich jedem aufschreiben. Er mag eben viele Medien.
Die Sendung („Am Schauplatz“) wird vom Autor dieser Zeilen nicht verfolgt, denn er ist seit 36 Monaten TV-frei, was sehr zur Hebung seiner Lebensqualität beigetragen hat!
Marcus J. Oswald (Ressort: Veteranen, Ernst Walter Stummer)
Stummer im „Kurier“ (Doppelseite)
(Wien, im Mai 2009) Harte Medienwoche für Ernst Walter Stummer, Einbrecher in Ruhe. Er kommt nicht zur Ruhe und schläft viel am Tag. Denn das Leben ist anstrengend.
Vor zwei Tagen (Mittwoch) war der „Kurier“ bei ihm. Gestern Ö1-Hörfunk. Genauer, nicht bei ihm, sondern im Lokal „Brandauer“. Die Ausstrahlung der Ö1-Sendung folgt am 19. Mai 2009 in der Reihe „Moment – Leben heute“ um 17 Uhr 09. Den Beitrag gestaltete Sonja Watzka.
Sonntag 17. Mai 2009 erscheint im „Kurier“ eine Doppelseite zu seinen Schandtaten und seinem bewegten Leben. Autorin: Conny Bischofberger.
2003 – Scheinheilige Zeitungen „Schreiben nicht über Einbrecher!“
Nun stellt sich auch der „Standard“ an und will ein Interview machen. Interessant ist das unter dem Blickwinkel, wie jemand mit 19 Vorstrafen plötzlich so groß in die Medien kommt.
Wollte man die alten Emails vorlegen, die 2003 an die Medien gingen: An die „Wiener Zeitung“, an „Standard“, an „Presse“, an „Ganze Woche“, an „Kurier“, an „Krone Bunt“, an „Der Kriminalbeamte“ oder Seniorenzeitung „Samstag“. Überall schlug der Herausgeber dieses Journals damals den Redaktionen vor, dass man in den Wochenendbeilagen ein kritisches Portrait macht. Damals war ein Jahr Recherche über Stummer durch Oswald abgewickelt. Überall wurde ein Bericht abgelehnt: „Wir schreiben doch nicht über einen Einbrecher!“, hieß es unisono.
2003 akzeptierte nur der „Augustin“ einen Überblicksartikel auf drei Druckseiten („Der Einbrecherkönig“, Autor: Marcus J. Oswald) zu Stummer, der für alle danach das Thema bekannt machte. 2003 folgt im „Augustin“ (wieder interessierte sich keine andere Zeitung dafür) ein Artikel zur ECHR-Pensionsklage des Stummer (zwei Druckseiten, Link folgt) (Autor: Marcus J. Oswald). Erst später, ab 2004, zogen Magazine wie „News“, Zeitungen wie „Heute“ („U-Express“), „Extradienst“, „Medianet“, „Falter“, „Furche“ und Fernsehmedien (ATV, ORF-Thema, ORF-Report, ORF-Heute, diverse Talkshows wie „Karlich-Schau“ und „Vera“) sowie Fachmessen replikativ nach.
Replikativ deshalb, weil „Blaulicht und Graulicht“ im Besitz von zirka 20 Ordnern und einer Bananenschachtel Zettelarchiv ist, Fotos bis 1943 rückwärts besitzt, Geburtsurkunden, alte Pässe, alte Gerichtsakten.
Trotzdem hat KEIN EINZIGER Redakteur aus Wien seit 2003 je einmal angefragt, ob er diese originalen Unterlagen zwecks Überprüfung der von Stummer erzählten und verbreiteten Legenden durchsehen darf. Weiter: NICHT EINMAL der 2008 rasch angeworbene und gänzlich unbekannte „Biograf“ Mag. Czar aus Graz fragte ein einziges Mal an, ob er die Akten haben und einsehen darf (es gab keinen einzigen Kontakt zwischen dem steirischen Schmierfink und dem Wiener Herausgeber der Blaulicht-Journale).
Oral History
Der 43-Jährige tippte im Eilzugstempo ein Büchlein, das auf Legenden basiert, das der „Stocker Verlag“ auch herausbrachte. Nicht umsonst bezeichnet der Herausgeber dieses Journals Stummer nicht als „Einbrecherkönig“, sondern lieber als „Till Eulenspiegel der Kriminalität“, was keine Kritik an ihm, sondern eine nötige Abgrenzung.
Jeder darf sich sein Weltbild zurecht legen, auch ein Berufskrimineller. Der Publizist sollte aber hinter Paravants und Kulissen blicken und, schreibt er darüber, dies und das, wenn auch nur ansatzweise, überprüfen. Und nicht bedingungslos „Oral History“ betreiben. Schon gar nicht bei jemandem, dessen Berufsgrundlage Camouflage, Tarnen und Täuschen waren. Es gibt auch diese Lebenswahrheit, dass Leute, die lange „am Schmalz“ saßen, gern den lieben Tag lang abgedrehte Geschichten und Geschichterln erzählen, deren Realitätsgehalt leider nicht ganz so eindeutig ist. Stummer hat über die Jahre im übrigen immer hinter die Kulissen blicken lassen und gerne Einsicht in Unterlagen gegeben. Daher war die Zusammenarbeit zwischen dem Herausgeber und ihm auch von langer Dauer. Er war stets freimütig im Teilen. Und einmal teilte man sich sogar eine Frau (!). Doch das ist wieder eine ganz andere Geschichte.
Fortfolgende Replikationen
Medienbasis für alle Zeitungs- und TV-Beiträge durch Fremdautoren und Redakteure aus den Jahren 2004 bis 2009 waren die beiden aus staubigen Akten mühselig (plus zwei Monate drei Mal pro Woche „Kurier“-Archiv und Nationalbibliothek) aus dem Nichts erarbeiteten Ursprungsartikel im „Augustin“ (Autor zwei Mal: Oswald), teilwese sogar wörtlich zitiert. Zugänglich gemacht wurden diese Artikel in einer an alle wesentlichen Medien zugesandten „Pressemappe“ 2007. Diese Vorgänge sind glasklar zu belegen. Denn ab 2004 ist Stummer straffrei, kriminell ereignislos und kein „kriminelles Medienthema“ mehr.
Die Einführungsvorlesung („Der Einbrecherkönig“, Juni 2003/Augustin) stellte ihn generell vor. Der zweite Artikel („Einbrecherkönig versus Republik Österreich“, Oktober 2003/Augustin) stellte die von der Kanzlei Armin Bammer ab 2002 entwickelte Pensionsklage vor dem ECHR vor (der Arbeitsrechtsprozess lief von 1999 – 2002 innerösterreichisch, danach ab 2002 europäisch). Exakter: Die Pensionsklage in drei Sprachen verfasste 2002 nicht Armin Bammer, sondern sein Konzipient Wolf Dietrich Mazakarini, heute Anwalt in Mödling.
Beide Themenläufe (Chronologische Vita; EU-Klage nach Gefängniskarriere – jeweils Autor: Oswald) gaben die wirklich interessanten Kernthemen zu Stummer vor (2003). Alles andere ist: Wiener Schmäh. Fortlaufend wurde das Thema auf „B&G“ auf kleiner Flamme am Leben gehalten (Autor: Oswald), sonst hätte man den Anfang 2004 aus der Haft Entlassenen und seine wichtige ECHR-Klage rasch vergessen. So öffnete sich das „Thema Stummer“ für Medien in die Breite. Er lebt nun vom Mythos, den er selbst erzeugen ließ.
50 Berichte seit 2005 auf B&G
„Blaulicht und Graulicht“ (nun, 2010: „Blaulicht und Graulicht-Verbund“) berichtete laufend zu Ernst Walter Stummer über die Jahre (36 Berichte auf der alten Webseite „gerichtlive“ von Jänner 2005 bis Februar 2007; nur mehr im Offline-Daten-Archiv) und noch einmal 14 Berichte auf der Seite „diegalerie“ (2008-2010).
Macht 50 Berichte aus dem offiziellen und privaten Leben des bald 71-jährigen Stummer. Zum Erbrechen und so viel, dass Leser per Email forderten: „Kein Stummer mehr!“. Doch „Google“ hat sich das gut gemerkt. So wurden spätere Medienehren möglich. Stummer war als Mensch greifbar gemacht. Technisch nennt man das: Mediendurchdringung.
Burgtheater
Damit beantwortet sich indirekt die Frage, wie jemand mit 19 Vorstrafen im Mai 2009 so groß in die Medien kommt? Warum ein nestroyanischer Laiendarsteller plötzlich im medialen Burgtheater auftritt? Er und es wurde gut vorbereitet. Von selbst wird das nicht. Selbstlob stinkt, aber es muss einmal gesagt werden.
Mai 2009 – Große Bühne
Ergebnis im Mai 2009 für den Einbrecherking: Auftritt in ORF „Im Zentrum“, Doppelseite in Österreichs größter Wochenzeitung „Ganze Woche“ (leider verwirrend nur in einen anderen Beitrag eingefügt), Doppelseite im „Kurier“ (größte Qualitätstageszeitung), „Ö1“-Sendung (Bildungsradio), vielleicht ein Artikel im nöblichen „Standard“.
Das ist eine Menge Holz in einem einzigen Monat für einen schwerst vorbestraften Fantasten, Nonkonformisten, Wanderprediger der Kriminalität und kleinen Mann aus dem Wiener Gemeindebau, der in einer 45-Quadratmeter-Wohnung lebt.
Chef legt Hand an
Den Schlußpunkt setzt der Herausgeber und wahre „Stummer-Experte“ (Stummer über Oswald) im übrigen diesmal selbst. Der Chef legt Hand ans Thema an. Im Juli 2009 erscheint aus Anlaß des 30-jährigen Jubiläums des WIENER Monatsmagazins eine dicke Nummer, die sich mit Wiener „Legenden“ beschäftigt.
In diesem Heft kommt ein großer Artikel zu Ernst Walter Stummer, den Marcus J. Oswald schreibt. Dann ist Schluß. [Update: Der „Wiener“-Artikel wurde in Rücksprache mit Chefredakteur Helfried Bauer von dieser Seite abgesagt. Nach langem Überlegen beschloss Marcus J. Oswald, dass er für von der Styria angebotene 400 Euro (!) Honorar keine Drei-Seiten-Würdigung für den „Wiener“ schreibt. Somit fiel der Essay zu seinem Leben ins Wasser.]
Der Herausgeber der „Blaulicht“-Journale Marcus J. Oswald betreute Ernst Walter Stummer medienseitig seit 2003. Der erste Besuch fand in der JA Sonnberg Ende 2002 statt. Ab 2003 erfolgten Arbeitsgespräche in der JA Simmering. Am 28. Jänner 2004 wurde Stummer mit einem Kamerateam aus der Simmeringer Haft abgeholt. Seither ist er nie wieder ins Gefängnis gekommen. Er war seither solange straffrei wie nie in seinem Leben. Das ist ein kleines, schmales Verdienst auch des Herausgebers der „Blaulicht“-Journale. Die presseseitige Betreuung dauerte sechs Jahre und endete im Frühjahr 2009. Sie folgte einer sozialutopischen Überzeugung, dass, wenn man einen gestrandeten Seestern ins Wasser zurückwirft, man alle Seesterne rettet, und so weiter. Das heißt, sie war: unentgeltlich. (mjo)
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Weiterblättern (nur Wesentliches):
Nach acht Jahren – Verhandlung Stummer gegen Österreich am EGMR (25. Juni 2010)
Marcus J. Oswald und Martin Luksan über: Ernst Walter Stummer 1968 (13. September 2009, Lesestück aus: 2003)
Stummer im ORF – Im Zentrum (9. Mai 2009)
Einbruch in Golf Löwe (2007) – Verdacht lag auf Stummer (18. Mai 2009) – offline gesetzt
Stummer im Kurier (Doppelseite) (15. Mai 2009)
Ernst Walter Stummer – Rein kommt man überall (11. Mai 2009)
Stummer im Kino – Bei Diskussion (9. April 2009)
Stummer, Sommer, Leisch am Karfreitag für Abschaffung der Gefängnisse (4. April 2009)
Einbrecher i. R. Ernst Walter Stummer ab morgen beim Jobcoaching (9. November 2008)
Artikel zu Stummer im Fachorgan “Der Kriminalbeamte” – durfte nicht erscheinen (25. Mai 2007; mit PDF)
Stummers Freunde (bei der Polizei) (22. Dezember 2006)
Stummer als Symbolfoto (13. Juni 2006)
Stummers zweiter NEWS-Auftritt (18/2006) (27. Mai 2006)
Stummers Inserat auf Love.at (15. Jänner 2006)
Stummers Gastauftritt (in Oswalds Stamm-Trafik mit ATV) (24. Oktober 2005)
Sicherheitsvideo – Ernst Walter Stummer – Einbrecherking (22. Oktober 2005)
Stummers Fussball (18. Oktober 2005)
Stummers Geheimprostituierten-Katalog (9. September 2005)
Stummers Kinder (20. August 2005)
Stummers Hochzeit (4. August 2005)
Stummers 700 Frauen (14. Juni 2005)
Stummers Messeauftritt (20. Februar 2005)
Stummer gegen Republik Österreich (12. Februar 2005)
Stummers Marketingaktion (noch ohne Fotos!) (5. Februar 2005)
Stummer-Kolumne – Augustin – Am Schmalz – Teil 3 (24. Juli 2003)
Stummer-Kolumne – Augustin – Am Schmalz – Teil 2 (10. Juli 2003)
Stummer-Kolumne – Augustin – Am Schmalz – Teil 1 (27. Juni 2003)
Brief an Stummer – Meine Spalte – Kolumne in Augustin (2003) (28. Mai 2003)
Macus J. Oswald (Ressort: File – Veteran Ernst Walter Stummer)
Ernst Walter Stummer: „Rein kommt man überall“
(Wien, am 10. Mai 2009) Telefonisch eingeladen wurde er am Freitag, 8. Mai 2009 ins ORF-Fernsehen. Am Muttertag (Sonntag) kann er es gar nicht mehr erwarten. Um Punkt 19 Uhr ruft er beim Journal an und berichtet, dass er fertig angezogen ist. Schließlich ist er als Erster der Diskutanten um 21 Uhr 10 im Haas-Haus im 8. Stock in der Maske und sitzt um 21 Uhr 15 in seinem weißen Sessel. Rotes Hemd, rote Krawatte, schwarzer Anzug. Haare frisch rasiert. Vor sich sein Buch und eine Jutetasche mit derlei Utensilien, die er in der Sendung vorführen wird.
Ingrid Thurnher raucht vor Sendungsbeginn auf der Veranda eine Zigarillo. Der Herausgeber informiert sie, dass Stummer ein Hörgerät hat. Der Techniker wird herbei gewinkt. Er soll überprüfen, ob das eine Rückkoppelung erzeugen kann. Tut es nicht. Florian Klenk raucht seine Zigarillo. Dann beginnt die Sendung. Die drei Begleitungen (die Ehefrau von Kriminologen Grafl, der Vizeobmann von „ProNachbar“ sowie B&G-Herausgeber) und drei Damen von der Maske ziehen sich vor Sendungsbeginn in die sehr geräumige Suite 400 (zuklappbare Badewanne im Schlafzimmer!) des Do&Co-Hotels am Stephansplatz zurück. Dort wird im vierten Stock die Sendung auf zwei Flachbildschirmen verfolgt.
Bad Guy
Es gibt sie nur mehr selten, die bösen Buben in Talkshows des ORF. Die meisten TV-Diskutanten sind angepasst, bürgerlich, gelehrt, auf der Karriereleiter oben angekommen. Das ist die Grundlage, dass sie im Fernsehen mitdiskutieren dürfen. Die Kombination aus gepflegter Langeweile und nobler Zurückhaltung im Standpunkt läßt die Quoten dieser Sendungen stetig sinken.
Stummer ist der „bad guy“ und er verstellt sich nicht. Er ist nicht gebildet, versteht Fremdworte nicht („prophylaktisch“) und führt den Klassenkampf offen. Sein Standpunkt ist schon nach fünf Minuten geklärt: „Rein kommt man überall. Man nimmt zum Beispiel einen Autoheber und nimmt einen Pfosten und verbindet das mit der Tür und hebelt die Tür auf. Da reißt ma sogar den Türstock aus. Irgendwie geht’s immer. Ein großer Faktor ist der Lärm: Man darf keinen Lärm machen.“
Etwas später führt er vor, wie man mit drei Schrauben ein Türschloss zerreißt oder gibt Hinweise, dass man in manchen Gemeindebauten nur einmal kräftig Pusten muss, und schon ist die Tür offen. Bitterer Nachsatz: „Nur: Dort ist nichts zu holen.“
Mittelstand und Establisment
Es sitzen im Forum noch zwei Polizisten, darunter der General des Bundeskriminalamts Lang aus Salzburg, der medientauglich in Augenpartie, Haarschnitt und Hochdeutsch ist. Polizisten treten immer zu Zweit auf (Direktionsprinzip). Die Verstärkung, der sehr wienerische Vertreter der Wiener Polizei, Leiter der Einsatzgruppe Straßenkriminalität, erklärt dem Volk, dass man 187 Wohnungseinbrecher fassen konnte, darunter kein Österreicher, sondern Georgier und Rumänen. Diese offiziellen Dinge weiß man als Zeitungsleser oder von Florian Klenk (Journalismus) und dem weiteren Diskutanten Christian Grafl (Lehre). Diese vier Teilnehmer gehören zum Establishment der Gesellschaft und in eine Diskussion. Aber mit ihnen verhungert eine Diskussion. Sie will man nicht wirklich hören. Hören will man die Outlaws, die Leute aus dem Volk, am Puls der Zeit. Stummer, der ohne Wenn und Aber und ironische Brechung Ja sagt zur Kriminalität. Und einen Konterpart, der solche Leute hasst.
„Neighborhood-Initiative“
Karl Brunnbauer von der Bürgerwehr aus dem bürgerlichen 13. Wiener Bezirk ist das konkrete Gegenstück. Ihm müsste es die Galle hochtreiben, wenn er dem 71-jährigen schwer vorbestraften, mediengewandten Ex-Einbrecher zuhört. Einbruchsverhinderer Brunnbauer hat – nach eigenen Angaben – „700 Mitstreiter“, die den Wohnbezirk Hietzing sauber halten wollen. Nicht klar ist, in welchen politischen Netzen sich der Verein „ProNachbar“ bewegt. Der Verein deklariert sich politisch nicht offen und einen solchen Verein macht man nicht aus Altruismus.
(Aus kluger Erfahrung weiß man, dass Personen solcher Vereine auf lange Sicht ein politisches Amt anstreben.) Beiläufig wird erinnert, dass vor zwei Jahren in Wien-Hietzing eine Außenstelle einer Maßnahmenjustizanstalt für „Wohngruppenvollzug“ errichtet werden sollte und sich in diesem Saubermann-Bezirk eine „Bürgerinitiative“ in Verbindung mit der „Kronen Zeitung“ gegen das vom Justizministerium beschlossene Projekt stark machte, bis es abgeblasen wurde. Ob es sich bei der damaligen „Initiative“, die das Justizwohnprojekt in ihrem Bezirk ablehnte, um die gleichen wackeren Männer handelt, die nun bei „ProNachbar“ mittun, ist noch nicht klar.
Feinmaschiges Netz
Jedenfalls wurde von „ProNachbar“, so der Vereinspräsident, ein feinmaschiges Informationnetz mit Emailadressen aus der Nachbarschaft ausgeworfen. Man beruft sich auf „Neighborhood“-Initiativen aus den USA und definiert die Arbeit ganz harmlos. Dazu sollte man sich aber gründlich informieren. Diese amerikanischen und britischen „Vorbilder“ unterliegen einem gänzlich anderen Persönlichkeits-, Behörden- und Medienrecht und treiben zuweilen seltsame Blüten. So veröffentlicht eine US-Initiative Strafregisterauszüge von Vorbestraften mit Name und Adresse. Eine andere US-Neighborhood-Initiative warnt davor, wenn ein Vorbestrafter in die Wohngegend ziehen will und markiert ihn auf dieser Webseite mit einem roten Punkt. Eine andere US-Webseite veröffentlicht Männer, die zu Prostituierten gehen (diese Webseite betreibt die Polizei von Chicago selbst). Andere, von konservativen Kräften getragene, Organisationen veröffentlichen Internetpranger von Tätern, die nach Sexualstrafrecht verurteilt wurden und ihre Strafe abgesessen haben – und verbauen diesen eine Resozialisierung.
Law and Order
Sich für gute Nachbarschaft einzusetzen ist gut. Wachsam sein, auch. Offensive Law and Order-Initiativen sind aber in Österreich – das muss offen gesagt werden – eindeutig parteipolitisch zuordenbar. Es sind Vorfeldorganisationen der FPÖ. Der Sprecher der „ProNachbar“-Initiative Brunnbauer erwähnt im „Zentrum“ ein Beispiel, wo man bereits aktiv wurde. Pikanterweise hier: Ein – wörtlich – „jüdischer Teppichhändler“ (Brunnbauer) ging in Hietzing von Tür zu Tür, um seine Ware loszuschlagen. Die „ProNachbar“-Gruppe formierte sich via Email und legte ihm das Handwerk. Jedoch untersagte ihm die Polizei seine Geschäfte „nur nach Gewerberecht“ (Brunnbauer). Viel Lärm um nichts also.
Die „Zentrum“-Diskussion zum Einbruch wird sehr breit mit vielen Argumenten geführt. Florian Klenk erwähnt aus eigener Erfahrung (drei Einbrüche in seinem Mehrparteienhaus), dass es bei Wohnungseinbruch die „Hauserhebung“ nicht mehr gibt. Die Parteienbefragung findet nicht mehr statt und dadurch gingen Informationen verloren.
Ermittlung und Rechtspflege
Dieses Argument ist zu ergänzen. Auch Gerichte müssen in die Kritik einbezogen werden. Einbruchsopfer werden teilweise selbst bei beträchtlichem Sachschaden nicht mehr als Zeugen befragt. Vor allem dann, wenn Tätergruppen bis zu 20 und mehr Tatorte abgegrast hatten. Damit bleibt für Einbruchsopfer ein zweites Mal die Demütigung. Die erste durch den Einbruch in die Privatsphäre. Die zweite, wenn sie bei den Gerichten zu diesem einschneidenden Erlebnis nicht mehr gehört werden, weil dazu keine Zeit ist.
Stummer gnadenlos
Stummer läßt solches ungerührt. Über Wehleidigkeiten der anderen macht er sich keinen Kopf. Er hat sein ewiges Trauma. Er erzählt, dass er in Zellenverbänden leben musste und 24 Stunden am Tag an Orten eingesperrt war, wo vier Leute lebten und die Toilette (früher) nur durch einen Vorhang getrennt war. „Wenn einer aufs WC ging, mussten die anderen drei den Gestank mitriechen“, erklärt er Sehern der Talkshow. Das hat ihn fürs Leben geprägt.
Daher empfindet er keine Rührung als ihn die Moderatorin Thurnher fragt, ob es ihm nicht peinlich ist, wenn er in fremden Kästen in der Unterwäsche wühlt. Er hat schon andere Peinlichkeiten erlebt, die sich bürgerliche Kreise, die die Nase über Leute wie ihn rümpfen, nicht einmal in Träumen vorstellen können. Er bleibt Underdog.
Wilder Westen
Und sagt Sätze wie (bezogen auf „Osteinbrecher“): „Für denan aus dem Osten ist Österreich wie der Wilde Westen. Wie es früher war in Amerika. Da kann man was erbeuten. Aber das hält ja nicht ewig. Noch sieben, acht Jahr. Dann sind die dortn a so aufbaut, eventuell mitm Diebsgut aus Österreich. Und die hams dann nimma notwendig.“
Fazit: Gute Werbung ist der TV-Auftritt für Klassenkämpfer Ernst Walter Stummer im seriösen Böse-Mann-Outfit, und sicher auch für sein Büchlein, das ein Grazer Autor schrieb. Denn es gibt den „bad guy“, der sagt, was er denkt und das meint, was er sagt, im Fernsehen nicht mehr. Mit seiner radikalen Offenheit hat er überrascht. So wie Stummer am 10. Mai 2009 „Im Zentrum“, müsste Gewaltverherrlicher Heinz Sobota 1978 („Der Minusmann“) gesprochen haben, könnte man sich noch erinnern. Stummer ruft als Diskutant Kopfschütteln und Erheiterung hervor – und bleibt in Erinnerung wie einst Nina Hagen im Club 2.
Programmatik und Postulat
Ob das, was E. W. Stummer in der TV-Sendung sprach, kriminelle Programmatik und Postulat für fortgesetzte Anarchie ist, die Jugendliche, die solche Talkshows auch verfolgen, verführt, steht wieder auf anderem Papier.
Maximale Öffentlichkeit erreicht
Die maximale Öffentlichkeit hat er mit seinem Auftritt in der Polit-Talkshow „Im Zentrum“ erreicht. Mehr geht im TV-Sektor in Österreich nicht. Nun fehlt noch Johannes B. Kerner. Und dann Jay Leno. Aber das wird wohl nichts. Dazu reicht das Englisch nicht. Außerdem gäbe es kein Visum.
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Weiterblättern (nur Wesentliches):
Nach acht Jahren – Verhandlung Stummer gegen Österreich am EGMR (25. Juni 2010)
Marcus J. Oswald und Martin Luksan über: Ernst Walter Stummer 1968 (13. September 2009, Lesestück aus: 2003)
Stummer im ORF – Im Zentrum (9. Mai 2009)
Einbruch in Golf Löwe (2007) – Verdacht lag auf Stummer (18. Mai 2009) – offline gesetzt
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Stummers Fussball (18. Oktober 2005)
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Stummers Kinder (20. August 2005)
Stummers Hochzeit (4. August 2005)
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Stummer-Kolumne – Augustin – Am Schmalz – Teil 3 (24. Juli 2003)
Stummer-Kolumne – Augustin – Am Schmalz – Teil 2 (10. Juli 2003)
Stummer-Kolumne – Augustin – Am Schmalz – Teil 1 (27. Juni 2003)
Brief an Stummer – Meine Spalte – Kolumne in Augustin (2003) (28. Mai 2003)
Marcus J. Oswald (Ressort: File Ernst W. Stummer)
Stummer im Kino (bei Diskussion)
(Wien, im April 2009) Extern beobachtetes Stummer-Tagebuch: Der Wiener Ex-Einbrecherkönig ist aktiv.
Am 7. April 2009 war die Freude groß, als ihn ein Anruf aus Graz ereilte, dass das Buch „Der Einbrecherkönig“ vom Stapel gelaufen ist. Tausende und abertausende Titel wurden in die Buchhandlungen geschaufelt. Am Dienstag merkte man zwar noch nichts. Aber es war so.
Am 8. April 2009 war Ernst Walter Stummer im Vinzi-Markt einkaufen und gab 6,50 Euro aus. Er hatte die Einkaufstasche voll. Denn das Brot wird im Sozialmarkt Vinzi, auf den Stummer schwört, verschenkt. Danach die Hiobsbotschaft: „Das AMS hat mir schon wieder einen Kurs vorgeschrieben.“ Es ist sein achter Job-Coaching-Kurs. Er ist bald 71 Jahre alt und soll noch für den Wiener Jobmarkt fit gemacht werden.
Am 9. April 2009 war er auf Drängen des B&G-Herausgebers bei Monsieur Alfred, dem Buchhändler von „Boox“ in der U-Bahn-Spittelau. Er fand sich zum launigen Gespräch ein, fragte den Buchhändler sofort: „Wo steht Ihr Tresor?“ Man vereinbarte, dass Stummer für ausgewählte Stammkunden, signierte Bücher anbietet.
Am 10. April 2009 ist Stummer mit der Partie um die „Augustin“-Macher und Regisseuse Tina Leisch im Kino. Zum Kulturdisput ab 21 Uhr. Man will die Gefängnisse abschaffen.
Marcus J. Oswald (Ressort: Veteranen, Ernst Walter Stummer)
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